Eine Einführung in die Gebrauchstauglichkeit von Webseiten
Die bisherige Arbeit hat ihren inhaltlich Fokus auf die Maßnahmen der Suchmaschinenoptimierung gelegt. Dies beinhaltete für den Content-Erzeuger neben den Grundlagen wie Suchmaschinen neue Inhalte finden, auch den Einstieg in die Keyword-Recherche bis hin zur Suchmaschinen- und ansatzweisen Nutzererlebnisoptimierung (User-Experience Optimization oder auch UXO). Zusammenfassend betrachtet wird diese Vorgehensweise auch als ganzheitliche Suchmaschinenoptimierung (Holistic SEO) bezeichnet. Ganzheitlich da sowohl die Maßnahmen der Suchmaschinen- aber auch Nutzererlebnisoptimierung aufeinander abgestimmt sein sollten, um das bestmögliche Nutzererlebnis erzeugen zu können.
Die hier vorgestellten Maßnahmen sind aus der Projektarbeit losgelöst und können einzeln betrachtet werden. Um die Maßnahmen im ganzheitlichen Kontext jedoch verstehen zu können, empfehlen wir die Projektarbeit zu lesen.
- Usability Standards
- Möglichkeiten die Mission dem Publikum zu präsentieren
- Der nutzerorientierte Gestaltungsprozess und seine Phasen
Usability Standards
Grundsätzlich empfiehlt es sich, dass für Gestaltungslösungen hinsichtlich des Designs und der Usability gewisse Standards verwendet werden sollten. Je intuitiver ein Benutzer auf den angekommenen Webseiten zurechtkommt, desto mehr Zeit kann dieser mit den Inhalten verbringen, statt zum Beispiel herauszufinden wie die Webseiten eigentlich funktionieren. Die folgenden Konzepte haben sich hierbei etabliert1:
Logo
Das Logo einer Webseite dient als Referenzpunkt für den Benutzer. Dieses sollte prominent gewählt oben links oder rechts platziert werden. Das Logo sollte zu jeder Zeit zur Startseite verlinkt sein.
Navigation
Bei der Hauptnavigation handelt es sich um die oberste Hierarchie der Verzeichnisebene. Die Hauptnavigation ist auf jeder Seite und Unterseite an der gleichen Position zu platzieren. Zum einen besteht die Möglichkeit die Hauptnavigation horizontal neben oder unter dem Logo zu positionieren. Eine andere Variante ist es, diese vertikal anzusiedeln. Die vertikale Hauptnavigatio\item \textbf{n befindet sich dabei auf der Linken Seite und ist gut vom Contentbereich zu unterscheiden.
Icons und Symbole
Oftmals ist eine textuelle Beschreibung von Links oder Call-To-Action - Elemente aufgrund von zu wenig Platz oder aus es ästhetischen Gründen schwierig umzusetzen. Daher kommen oft Icons oder Symbole zum Einsatz. Um eine gute Usability zu gewährleisten, ist der Einsatz von Icons bzw. Symbolen so zu gestalten, dass der User weiß was Icons bedeuten. Zum Beispiel ist die Bedeutung von einem Einkaufswagen auf einer Shop-Seite klar. Der User kennt dieses Symbol und kann klar erkennen welche funktionalität dahinter steht. Ein anderes Beispiel sind die bekannten Social Media - Icons, wie Facebook, Instagram oder Twitter.
Kennzeichnung von Links
Das Prinzip links auf Internetseiten zu unterstreichen ist bekannt und funktioniert sehr gut. Doch haben sich auch andere Herangehensweisen durchgesetzt. Beispielsweise können Links eingerahmt oder farbig akzentuiert werden. Auch hier gilt, dass der Benutzer den Link klar erkennen kann. Nicht nur die klare Kennzeichnung eines Links ist wichtig, sondern auch das sogenannte Wording welches verwendet wird. D.H., ein Link mit der Beschreibung »Kontakt« beschreibt, dass hinter diesem Link Kontaktinformationen oder einem eine Seite mit einem Kontaktformular zu finden ist.
Such- und Orientierungshilfen
Durch die Verwendung von Such- und Orientierungshilfen, schafft der Content-Erzeuger dem Benutzer einen möglichen Mehrwert, welcher den Aufwand der Suche innerhalb der Webseiten minimieren soll. Um eine mögliche Unübersichtlichkeit der Webseiten zu lösen und um den Such- bzw. Orientierugnsaufwand der Benutzer so gering wie möglich zu gestalten, empfiehlt sich neben der internen Suchfunktion, auch die klassische Sitemap als auch sogenannten Breadcrumbs.
Möglichkeiten die Mission dem Publikum zu präsentieren
Bei der Überprüfung ob die Mission des Unternehmens auf den eigenen Webseiten widergespiegelt wird, sollte der Fokus des Content-Erzeugers auf der Startseite sowie den Landingpage liegen, da es sich bei diesen um die Seiten handelt, wo die Nutzer zu einer gezielten Aktion (Conversion) bewegt werden sollen. Die wichtigsten Punkte der Unternehmens-Mission sollten daher auf diesen Webseiten entsprechend gut wiedergespielt werden.
Der Leserschaft die Inhalte vorstellen
Sowohl die Startseite als auch die Landingpages sollten dem Besucher eine klare und verständliche Einführung über die behandelnden Inhalte geben. In dieser Einführung wird dem Besucher erklärt was die Mission oder der Zweck der Webseite ist. Glaubwürdigkeit und Vertrauen zu schaffen stehen im Vordergrund beim Vorstellen der Inhalte, und die Basis dieses Fundaments wird erst mit guten Inhalten geschaffen2.
Was der Content-Erzeuger wissen sollte ist, dass Besucher beim Lesen von digitalen Inhalten mehr Zeit damit verbringen, zu scrollen, die Inhalte zu überfliegen oder nach bestimmten Schlüsselwörtern zu suchen, als sie dies bei einem gedruckten (analogen) Medium tun würden. Dieses unterschiedliche Leseverständnis hat mehrere Ursachen. Zum einen haben Leser von digitalen Inhalten nicht das Gefühl, das Medium worauf sie lesen, auch tatsächlich zu besitzen. Unterbewusst weist der Mensch den Inhalten entsprechend weniger Wichtigkeit zu. Dieses immaterielle Problem ist auch auf Inhalte von Webseiten zu abstrahieren. Des Weiteren verfügen Medien wie Zeitungen oder Bücher über eine klare Seitenaufteilung, wohingegen dies bei Internetseiten oder E-Books nicht der Fall ist. Dem Leser fällt es daher schwerer sich in den digitalen Inhalten zu orientieren3.
Diese Informationen sollten beim Verfassen von Inhalten berücksichtigt werden. Der Content-Erzeuger sollte seine Texte daher idealerweise kurz und verständlich verfassen, es empfiehlt sich die Inhalte, wenn möglich bildhaft zu beschreiben. Ein kurzer Text bedeutet nicht, dass die Inhalte beschnitten werden müssen. Eine anschauliche und aktive Formulierung ist von Vorteil. Direkt zu Beginn sollte versucht werden die zentrale Botschaft des - - -Textes zu vermitteln. Im allgemeinen hilft es dem Leser sich besser zu orientieren, wenn die Inhalte in mehrere Absätze gegliedert sind und Zwischentitel Verwendung finden. Füllwörter und verschachtelte Sätze sollten vermieden werden, auf Modalverben wie »sollen«, »müssen« und »können« sollte ebenfalls verzichtet werden4.
Überschriften und Schlagzeilen
Eine weitere Möglichkeit die Mission dem Publikum zu präsentieren, kann mit Hilfe von Überschriften und Schlagzeilen geschaffen werden. Die Überschrift repräsentiert den Titel der Webseite oder eines von mehreren Beiträgen. Die Schlagzeilen hingegen, dienen dazu einen Gedanken zu beschreiben und um so eine Überschrift zu erklären. Überschriften und Schlagzeilen spiegeln das Kernziel des Produktes wider, angebotener Services muss verständlich und einfach kommuniziert werden. Am einfachsten umzusetzen ist dies, indem eine Überschrift für die entsprechende Webseite erstellt wird und mit Hilfe einer darauf folgenden Schlagzeile, die Botschaft der Überschrift unterstrichen wird. Des Weitern sollte versucht werden die Schlagzeilen möglichst handlungsorientiert zu schreiben. Der Content-Erzeuger kann dies schaffen indem Verben und und Sätze verwendet werden, welche für den Besucher eine Aktion implizieren.

www.interaction-design.org - Startseite der Interaction Design Foundation
Beispiel: Auf der Startseite der {https://www.interaction-design.org/}{Interaction Design Foundation} ist sehr deutlich was der Zweck der Webseite ist. Die Überschrift der Startseite lautet »Usability lernen« (Learn usability), gefolgt von der Schlagzeile dass das Angebot in Form von Online Kursen von zertifizierten Experten angeboten wird (Online UX design courses taught by experts, with industry-trusted certificates). Dank dieser sehr genauen Aussage erfährt der angekommene Besucher sofort was die Mission und Ziel dieser Unternehmens-Webseite ist.
Bilder verwenden
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte und daher empfiehlt sich die Verwendung von Bildern. Jedoch sollte beachtet werden, dass Besucher je nach Art der Bilder, unterschiedlich mit diesen umgehen und einige davon komplett ignorieren5. Beispielsweise achten Besucher besonders auf Bilder welche relevante Informationen enthalten, wohingegen die sogenannten »Wohlfühlbilder«, welche einen rein dekorativen Zweck erfüllen, gänzlich ignoriert werden. Zum Beispiel werden Bilder von Produkten und echten Menschen und keine Stockfotos von Modellen, als wichtig betrachtet.
Besucher bevorzugen im E-Commerce Bereich beispielsweise Bilder, welche ihnen helfen das Produkt besser verstehen zu können, oder um das Produkt besser unterscheiden zu können. Auf Webseiten wie Blogs hingegen, werden Bilder von den Menschen welche den Content verfasst haben eher gerne gesehen und führen zu längeren Verweilzeiten.
Beispiel: Die folgende Abbildung zeigt die Anmeldeseite der Universität zu Yale. Die blauen Punkte im Bild repräsentieren die Fixationspunkte eines Eyetrackingtestes. Dem verwendeten Bild wurde auf der Anmeldeseite von den Benutzern so gut wie gar keine Aufmerksamkeit gewidmet. Statt dem sogenannten »Wohlfühlbild« hätte der Platz eventuell für Informationen genutzt werden können, welche die Bedienung des Anmeldeformulars erleichtern.

www.nngroup.com - Ein Beispiel für die Nichtbeachtung von Stockimages
Der nutzerorientierte Gestaltungsprozess und seine Phasen
Um die Bedürfnisse des Benutzers von Anfang an in die Entwicklung der Webseiten mit einzubeziehen, empfiehlt sich der Einsatz von Usability-Tests am Beispiel des Entwicklungsverfahrens des »nutzerorientierten Gestaltungsprozess« (User-Centered Design). Bei diesem Verfahren werden die späteren Benutzer von Anfang an mit einbezogen, womit sichergestellt wird das die Inhalte, der Aufbau sowie die Form der Webseiten von den Bedürfnissen und Erwartungen der Benutzer bestimmt werden6.

www.interaction-design.de - User-Centered Design
Die Philosophie des »User-Centered Design« Ansatzes, im folgenden »UCD« genannt, lautet: \textit{»Das Produkt wird an den Benutzer angepasst und nicht umgekehrt«}. Dies bedeutet, dass sich im Zuge des Entwicklungsverfahrens sämtliche Techniken, Prozesse und Methoden des UCD am Benutzer orientieren7.
Phase 1 des UCD: Planen
Die Phase des Planens beschäftigt sich inhaltlich sowohl mit der Auswahl der richtigen Testmethoden, als auch dem schätzen des zeitlichen Aufwand der dafür erbracht werden muss. Die Entscheidung welche Testmethoden gewählt werden, ist Abhängig von den Informationen die der Content-Erzeuger zu erfahren wünscht8.
Zu der Planungsphase gehört des Weiteren die Auswahl repräsentativer Testpersonen, unter anderem stellt sich hierbei die essentielle Frage wie viele Testpersonen ausreichend sind. In einer Studie von Jakob Nielson, welcher als eine der führenden Persönlichkeiten auf dem Gebiet der Benutzerfreundlichkeit gilt, können mit vielen kleinen Tests und nicht mehr als 5 Testpersonen bereits sehr gute Ergebnisse erzielt werden9.

www.nngroup.com - Gefundene Usability Probleme - Anzahl der Testpersonen
Wie anhand der Abbildung entnommen werden kann, können mit einer Testperson beinahe 25% aller Usability Probleme ermittelt werden. Laut Jakob Nielson wiederholen sich die Aktionen, welche die Testpersonen unternehmen und daher kann es zu Überschneidungen kommen in dem, was während des Usability-Tests von den Testpersonen gelernt werden kann. Eine zweite Testperson fügt zwar eine Menge neuer Erkenntnisse hinzu, jedoch nicht annähernd so viele wie die erste. Ähnlich verhält es sich mit einem dritten Tester, dieser wird viele ähnliche Aktionen wiederholen, welche bereits bei den ersten beiden Testern gesehen wurden. Es werden somit nur eine kleinere Menge an neuen Daten generiert welche dazu beitragen Usability Probleme zu ermitteln.
Mehr Testpersonen bedeuteten dem entsprechend auch nicht, dass immer mehr neue Erkenntnisse gewonnen werden. Viele Aktionen seitens der Testpersonen wiederholen sich zu häufig und die notwendige Zeit, so wie der Aufwand der mit den Testverfahren einhergeht, stehen irgendwann nicht mehr in Relation zu den daraus gewonnen Erkenntnissen. Mit fünf Testpersonen können laut Jakob Nielson bereits bis zu 85% aller Usability-Probleme einer Webseite ermittelt werden.
Phase 2 des UCD: Verstehen
Die Phase des Verstehens behandelt wie Kenntnisse über die Zielgruppe gewonnen werden können und wird als wesentlicher Bestandteil des »UCD« verstanden. Im Rahmen eines Usability Projekts wie beim ermitteln der Webseiten-Usability, hat diese Phase auch den größten Nutzen. Ziel dieser Phase ist es, ein »MentalesModell« der Benutzer sowie deren Absichten, Routinen, Bedürfnisse und Wünsche zu verstehen und abzubilden. Zu der Phase des Verstehens gehört allerdings auch, Probleme zu ermitteln, welche beim benutzen der Webseiten auftreten könnten.
Kenntnisse über die oben genannten Punkte gewähren dem Content-Erzeuger Einblick darüber:
- Wie die Benutzer bestimmte Aktionen ausführen
- Warum die Benutzer bestimmte Aktionen ausführen
- Wie die Benutzer Dinge verstehen
- Was die Benutzer inhaltlich benötigen oder sich wünschen um eine Aktion ausführen zu können
- Was die Benutzer von den Webseiten erwarten
- Was für ein Problem die Benutzer mit den Webseiten haben
Die folgenden Tests bieten sich besonders gut in dieser zweiten Phase des nutzerorientierten Gestaltungsprozess an:
Mouse Tracking
Mouse Tracking kann helfen das Benutzerverhalten auf einer Webseite sehr gut mitzuverfolgen und zu dokumentieren. Bei diesem Ansatz wird Beispielsweise mit Hilfe eines Mouse Tracking-Dienstleisters aufgezeichnet wo die Benutzer eine Webseite mit der Maus entlangfahren und klicken. Dieser ganze Prozess wird dann festgehalten und in Form von sogenannten Click-, Move- und Scroll Heatpmaps wiedergegeben. Der Content-Erzeuger erhält so Auskunft darüber, auf welchen Elementen der Webseite der Fokus seiner Besucher liegt, was angelickt wurde, wie oft es angeglickt wurde und wie tief auf den Webseite gescrollt wird. Elemente in denen keine Verlinkung hinterlegt wurde können so identifiziert werden, da Benutzer gegebenenfalls auf diese klicken10.
Der Aufwand ein Tracking-Tool auf den Webseiten zu betreiben ist sehr gering. Grobe Fehler in der Bedienbarkeit einer Webseite lassen sich damit identifizieren was wiederum zu einer Reduktion der Bounce Rate11 beitragen kann. Onlinetools: »Hotjar.com« und »Mouseflow.de«.
Nutzerinterviews
Mit Hilfe von Nutzerinterviews erhält der Content-Erzeuger die Möglichkeit, die Testpersonen nach den Motiven ihres Handelns zu befragen. Informationen zum Nutzerverhalten sind als besonders wertvoll zu betrachten, da diese es dem Content-Erzeuger ermöglichen, direktes Feedback von der Zielgruppe zu erhalten12. Nutzerinterviews erfolgen auf der Grundlage eines vorher definierten Fragebogens, gegebenenfalls auch anhand eines flexiblen Leitfadens. Die Art und Weise, wie und was für Fragen gestellt werden spielt bei einem Nutzer-Interview eine große Rolle, da diese Einfluss auf die Antwortqualität haben können. Die zu stellenden Fragen sollten gewissen Themenbereiche der Webseiten abdecken, zum Beispiel könnte ein Themenbereich sich ausschließlich mit der Navigation der Webseiten beschäftigen und ein anderer mit dem Warenkorbsystem. Entsprechend sollten die Fragen sich auch ausschließlich immer auf die jeweiligen Themen beziehen13.
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Fragen sollten nicht zu kompliziert formuliert sein, da es dem Benutzer dann gegebenenfalls nicht möglich sein wird diese beantworten zu können. Statt »Warum kaufen Menschen Online ein?« könnte gefragt werden: »Was für Produkte kaufen Sie Online?« und »Was für Produkte kaufen Sie nur sehr ungern Online und warum ist dem so?«.
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Fragen sollten so formuliert werden das diese nicht die Antwort beeinflussen können. Statt »Was für Sorgen haben Sie sich beim letzten Onlinekauf gemacht, als der Bestellprozess plötzlich nach Eingabe Ihrer Kontodaten abgebrochen ist?« könnte gefragt werden: »Versuchen Sie sich an den letzten fehlgeschlagenen Bestellprozess zu erinnern der Ihnen widerfahren ist. Wie haben Sie sich dabei gefühlt und was für Fragen haben Sie sich daraufhin gestellt?«.
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Fragen sollten in der Vergangenheitsform formuliert werden. Dies hat den Hintergrund, dass die Antworten der Menschen die sich versuchen an einen bestimmten Augenblick in der Vergangenheit zu erinnern, weniger allgemein ausfallen sondern genauer wiedergeben werden. Statt »Was geht Ihnen durch den Kopf wenn die Verlinkung innerhalb einer Webseite nicht funktioniert« könnte gefragt werden: »Erzählen Sie uns was Ihnen das letzte Mal durch den Kopf gegangen ist, als Sie innerhalb einer Webseite nicht weitergekommen sind?«.
Kontextuelles Interview
Beim kontextuellen Interview handelt es sich um eine teilnehmende Beobachtung welche zum Ziel hat, dass der Interviewer Wissen über den gesamten Nutzungskontext der Webseiten erhält, indem er dem Benutzer während der Verwendung aktive Fragen stellt. Der Content-Erzeuger gelangt somit während des kontextuellen Interviews an Informationen wie Handlungsmotive, Wünsche, Bedürfnisse und Probleme der Zielgruppe. Mit Hilfe solcher Ergebnisse ist es möglich neue Ideen und Ansätze zum Verbessern der Webseiten zu generieren. Bevor ein solches Interview gestartet wird, ist festzustellen, welche Aspekte der Webseiten wichtig oder kritisch sind14 15.
Phase 3 des UCD: Spezifizieren
Die Phase des Spezifizierens dient der methodischen Aufarbeitung und Strukturierung der Daten und Informationen aus den vorherigen Phasen. Die aus der vorherigen Phase gewonnen Daten, stellen das Fundament der Konzeptentwicklung dar, auf welche sogenannte Personas und User Stories aufbauen.
Personas
Personas veranschaulichen einen fiktive Benutzer welcher einen Teil der Zielgruppen mit ihren Eigenschaften, Bedürfnissen und Problemen repräsentiert. Das Ziel ist es mit Hilfe der Personas, die Muster im Nutzerverhalten deutlich zu machen.
Beim erstellen der Personas hilft es folgende Fragen beantworten zu können:
- Freizeitaktivitäten: Welche Interessen haben Personen aus der angestrebten Zielgruppe?
- Online: Wo sind Personen der angestrebten Zielgruppe im Internet unterwegs?
- Technische Ausstattung: Welche Geräte werden von den Personen der angestrebten Zielgruppe genutzt? Handelt es sich bei der Zielgruppe um Anfänger oder Experten im Umgang mit dem Internet und mobilen Geräten?
- Ziele: Welche Ziele verfolgen die Personen der angestrebten Zielgruppe? Was erwarten sie von einem Produkt oder Service?
- Vorgehensweise: Wie gehen die Personen der angestrebten Zielgruppe vor um ihr Ziel zu erreichen? Wie suchen sie im Internet und wie kann das eigene Produkt die Entscheidungsfindung unterstützen16?
Proto-Personas
Muss eine schnelle Einführung der nutzerorientierten Methoden stattfinden, besteht die Möglichkeit sogenannte »Proto-Personas« (auch Ad-hoc-Personas) zu verwenden. Dabei handelt es sich um reduzierte Personas, welche ausschließlich auf der Basis von Vermutungen und bereits vorhandenem Wissen über die zu erreichende Zielgruppe erstellt werden. Proto-Personas sind wenig detailliert ausgearbeitet und haben ihren Schwerpunkt vorwiegend auf den Motivationen und Bedürfnissen der Benutzer.
Da keine Recherche betrieben wurde für die Proto-Personas, sollte davon abgesehen werden, diese als Grundlage für strategische Entscheidungen zu verwenden. Mit Hilfe der Proto-Personas kann der Content-Erzeuger ebenfalls ein besseres Verständnis von der Zielgruppe erhalten, allerdings sollte um langfristige Ziele erreichen zu können, eine Benutzer-Recherche in Form von Nutzer- und kontextuellen Interviews stattfinden17.

www.nngroup.com - Gefundene Usability Probleme - Anzahl der Testpersonen
User-Stories
Jede User-Story verfügt über einen Titel welcher prägnant zusammenfasst, worum es in dem Fall konkret geht sowie einer Beschreibung bestehend aus 1 - 2 Sätzen. Bei der Formulierung der User-Stories sollten immer nach folgender Vorlage geschrieben werden: \textit{»Als (Rolle) möchte ich (Funktionalität), um (Nutzen) zu erreichen«}.
Beispiele für User-Stories wären:
- »Als Kunde möchte ich eine Online-Buchung welche noch nicht bestätigt wurde, nachträglich stornieren können.«
- »Als Webseiten Besucher möchte ich schnell und einfach zur Startseite zurückkehren können, damit ich mich nicht beim Navigieren verirre.«
- »Als Webseiten Besucher möchte ich mir auf der Webseite eine Sitemap ansehen können, um damit einen Überblick über alle Seiten erhalten zu können.«
Für den Content-Erzeuger ist es von Vorteil, wenn sogenannte Akzeptanzkriterien hinzugefügt wurden bzw. er selbst welche einbaut, wenn das »Wer«, »Was« und »Warum« und die Beschreibung der User-Storie aufgebaut sind. Akzeptanzkriterien kündigen dem Contenterzeuger an, wann eine User-Storie abgearbeitet ist und welche Punkte dazu benötigt wurden.
INVEST-Prinzip
Mit Hilfe des INVEST-Prinzip, kann der Content-Erzeuger gute und auf einem Leitfaden (Regelwerk) gestützte User-Stories entwickeln. Das INVEST-Prinzip ist ein Akronym, welches ursprünglich für agile Softwareentwicklung von Bill Wake entwickelt wurde.
- I – Independent: Alleinstehend, nicht von anderen Stories abhängig.
- N – Negotiable: Kann als Grundlage für Diskussionen dienen.
- V – Valuable: Bezieht sich ausschließlich auf User, Kunden und Auftraggeber und stellt somit einen Vorteil für diese Stakeholder da.
- E – Estimatable: Umsetzungsumfang ist schätzbar.
- S – Small: Die Storie bleibt in ihrem Umfang klein.
- T – Testable: Beinhaltet aber genug Informationen, um getestet werden zu können.
User-Stories in Teams zu Entwickeln kann durch die Kommunikation für das Verständnis dem Benutzer gegenüber von Vorteil sein. Durch die oben genannten Akzeptanzkriterien wird die spätere Umsetzung der Stories vereinfacht. Diese sollten in der Regel aber nicht mehr als 3 – 4 Kriterien pro Storie beinhalten.
Phase 4 des UCD: Gestalten und Evaluieren
Die Phasen des Gestaltens und Evaluierens finden parallel zueinander statt und ermöglichen, dass innerhalb des nutzerorientierten Gestaltungsprozesses, Designvorschläge der Benutzer bewertet und die Optimierungsmaßnahmen direkt in dem laufende Projekt gestaltet und implementiert werden18. Hierfür bieten sich eine Vielzahl von verschiedenen Usability-Tests an. Nachfolgend werden Usability-Tests vorgestellt, welche kein großes Budget erfordern und schnell umzusetzen sind.
5-Sekunden-Test
Beim 5-Sekunden Test wird dem Benutzer der Entwurf einer Webseite oder eine existierende Webseite 5 Sekunden lang angezeigt. Daraufhin findet eine kurze Befragung statt, in welcher der Content-Erzeuger Informationen zur Übersichtlichkeit oder zu bestimmten Elementen der Webseite erfragen kann. Der sogenannte 5-Sekunden-Test ermöglicht es mit sehr geringem Aufwand herauszufinden, was dem Benutzer auf der Webseite direkt aufgefallen ist und worum es sich bei den Webseiten handelt.
Der 5-Sekunden Test basiert auf der Tatsache, dass Benutzer innerhalb weniger Sekunden eine Webseite bewerten und diese dann weiter benutzen oder sofort verlassen, weil die präsentierten Inhalte als nicht relevant eingestuft werden. In der ersten Sekunde sind es aus Sicht des Besuchers die visuellen Eindrücke, welche eine emotionale Reaktion hervorrufen. In der zweiten Sekunde erfasst der Besucher die Motivation der Webseiten und vergleicht diese in Sekunde drei mit der eigenen Zielsetzung. In Sekunde vier findet dann basierend auf der Relevanz, dass sogenannte »andocken« an den Webseiten statt. Der Benutzer möchte in Sekunde fünf erfahren, wie es inhaltlich weitergeht und entscheidet sich auf den Webseiten zu verbleiben19 20.
Das Onlinetool »UsabilityHub.com« bietet den technischen Rahmen für 5-Sekunden Test, sowie die anschließende Befragung und Auswertung.
A/B-Tests
Ein sogenannter A/B-Test ermöglicht dem Content-Erzeuger zwei Varianten einer Webseite stückweise zu optimieren. Die Optimierungsmaßnahmen betreffen vorwiegend kleinere Veränderungen der Webseiten, welche den Probanden vorgestellt werden und die Variante mit den besten Ergebnissen hinsichtlich der Benutzerfreundlichkeit, wird entsprechend umgesetzt.
Der A/B-Test gehört zu einer der gängigsten Testformen und bieten sich für jede Projektphase an.
Bevor Beispielsweise eine Webseite auf ein neues Design geschaltet wird, kann mit Hilfe eines A/B-Tests herausgefunden werden, ob die Zielgruppe dieses besser oder schlechter annimmt als die aktuelle Version. Neue Features wie zum Beispiel eine erweiterte Suchfunktion oder eine neue Navigation, können so vorab auf ihre Benutzerfreundlichkeit überprüft werden21.
Beim A/B-Testing ist es wichtig, dass beide Variante zeitgleich getestet werden. Hierbei werden den Probanden die unterschiedlichen Versionen des Entwurfs präsentiert und anhand der Auswahl kann festgestellt werden, welcher Entwurf bevorzugt wird und dem entsprechend in die Umsetzung einfließen kann22.
Für ein A/B-Testing bietet sich ebenfalls das Onlinetool »UsabilityHub.com« an, welches allerdings für A/B-Testing (Split testing) in der Bezahlvariante genutzt werden muss.
Hallway- und Guerilla-Tests
Schnelle und kostengünstige Methoden sind der Hallway- und der Guerilla-Test. Beim Hallway-Test werden die Probanden (Benutzer) auf dem Büroflur im eigenen Unternehmen angesprochen. Idealerweise sollten diese nichts mit dem Projekt zu tun haben und über kein Fachwissen im Bereich der User Experience verfügen. Mit Arbeitskollegen kann dann ein schneller Test durchgeführt werden, indem diesen eine lauffähige Variante der Webseiten präsentiert wird. Das Ziel eines Hallway-Tests ist es, mit wenig Aufwand sehr schnell Feedback zu den Webseiten zu erhalten.
Beim Guerilla-Test wird ähnlich vorgegangen, allerdings mit dem Unterschied das die Probanden nicht im Büroflur angesprochen werden, sondern an einem öffentlichen Ort wie der Straße, einem Park oder im Cafe. Beim Guerilla-Test können die Testpersonen ihre eigenen Endgeräte (Smartphones) verwenden, was dem Content-Erzeuger einen Einblick in den Umgang mit den Geräten gewährt. Vor allem können so Informationen zur mobilen Variante einer Webseite gewonnen werden. Beide Methoden sind kostengünstig und schnell durchzuführen, allerdings handelt es sich bei den Probanden nicht um eine zielgruppennahe Auswahl. Es sollte beachtet werden, dass die Umgebung durch ihre Geräuschkulisse, Lichtverhältnisse, das Ambiente usw. Einfluss auf die Probanden haben kann.
Thinking Aloud
In einem Thinking Aloud Test werden die Benutzer gebeten, ihre Gedanken zu verbalisieren während sie bestimmte Aufgaben auf den Webseiten ausführen. Der Content-Erzeuger skizziert vor dem Test spezielle Handlungsszenarien, welche von den Benutzern beim Ausführen der Aufgaben erwartet werden. Im Zuge der Abarbeitung der Aufgaben sprechen die Benutzer ihre Gedanken laut aus. Sie sagen, an welche Elemente sie warum anklicken, aber äußern ihr Unverständnis im Falle, dass ein Element des Designs falsch verstanden wurde, oder wenn ihnen etwas ganz besonders gefällt. Die Thinking Aloud Methode gewährt einen direkten Einblick wie Benutzer mit den Webseiten interagieren. Erwartete Handlungsschritte werden während des Test mit den Schritten des Benutzers abgeglichen. Mit den gewonnen Ergebnissen lassen sich die Handlungsszenarien zielgenauer optimieren.
Phase 5 des UCD: Implementieren
Die letzte Phase des UCD-Prozesses beschreibt die technische Implementierung von Bedürfnissen der Nutzer, die aus den vorhergegangen Phasen und den Tests gewonnen werden konnten. Doch endet die Optimierung der UX an dieser Stelle im UCD-Prozess nicht. Anforderungen und Bedürfnisse der angestrebten Zielgruppe können unter Umständen einem stetigen Wandel unterliegen. Da bietet sich der iterative UCD-Prozess bestens an. Durch ein kontinuierliches Monitoring der Webseite und dem regelmäßigen iterieren des UCD-Prozess, können weitere oder neu entstandene Probleme bzw. Nutzerbedürfnisse, welche Optimierungsbedarf erfordern, schnell ermittelt und implementiert werden.
1 Erloher, S. (2004): Suchmaschinen-Optimierung: Das umfassende Handbuch
2 Marieke van der Rakt, J. d. V. (2015b): UX & Conversion. Yoast
3 Jabr, F. (2014): Die Vorzüge des blätterns.
4 Maaßen, D., Texten fürs Web - gute online-texte schreiben: https://www.onlinemarketing-praxis.de/unternehmenswebsite/texten-fuers-web-gute-online-texte-schreiben
5 Nielsen, J. (2010), Photos as web content: https://www.nngroup.com/articles/photos-as-web-content/
6 Rosenbusch, A., User-Centered Design: https://zeix.com/durchdacht/2011/04/01/user-centered-design-in-sieben-punkten-kurz-erklart/
7 Klocke, H. (2015): Mensch-computer-interaktionen: User-centered-design.
8 Rosenbusch, A., User-Centered Design: https://zeix.com/durchdacht/2011/04/01/user-centered-design-in-sieben-punkten-kurz-erklart/
9 Nielsen, J. (2000), Why you only need to test with 5 users: https://www.nngroup.com/articles/why-you-only-need-to-test-with-5-users/
10 Schätzle, A. (2015), Usability testing - ja bitte!: https://page-online.de/tools-technik/usability-testing-ja-bitte/
11 Marketing, H. I. (2015), 2015 b2b web usability report: https://komarketing.com/files/b2b-web-usability-report-2015.pdf
12 Speh, S. (2016), Usability tests- eine Anleitung zur Methodenauswahl: https://www.interaction-design.de/2016/11/01/usability-tests-eine-anleitung-zur-methodenauswahl/?cn-reloaded=1
13 Teixeira, F. (2017), Asking the right questions during user research, interviews and testing: https://uxdesign.cc/asking-the-right-questions-on-user-research-interviews-and-testing-427261742a67
14 Contextual inquiry (kontextuelles interview): https://www.usability-in-germany.de/definition/contextual-inquiry-kontextuelles-interview
15 Speh, S. (2016), Usability tests- eine Anleitung zur Methodenauswahl: https://www.interaction-design.de/2016/11/01/usability-tests-eine-anleitung-zur-methodenauswahl/?cn-reloaded=1
16 Usability.de, Personas: https://www.usability.de/leistungen/methoden/personas.html
17 Usability.de, Personas: https://www.usability.de/leistungen/methoden/personas.html
18 Speh, S. (2016), Usability tests- eine Anleitung zur Methodenauswahl: https://www.interaction-design.de/2016/11/01/usability-tests-eine-anleitung-zur-methodenauswahl/?cn-reloaded=1
19 Strebe, R. (2016), Der Nutzer gibt Ihnen fünf Sekunden: Wie sie den ersten Eindruck ihrer Webseite optimieren: https://www.usabilityblog.de/der-nutzer-gibt-ihnen-fuenf-sekunden-wie-sie-den-ersten-eindruck-ihrer-webseite-optimieren/
20 Speh, S. (2016), Usability tests- eine Anleitung zur Methodenauswahl: https://www.interaction-design.de/2016/11/01/usability-tests-eine-anleitung-zur-methodenauswahl/?cn-reloaded=1
21 Ryte, Ab-testing: https://de.ryte.com/wiki/AB-Testing
21 Seokratie (2018), A/B-tests: Warum sie sinnlos sind - solange du deine Hausaufgaben nicht gemacht hast: https://www.seokratie.de/ab-testing-usability/